Das Projekt farvel ist abgeschlossen.

Mit farvel haben Jennifer Beitel, Markus Traber und Lilli Berger zwei Jahre lang virtuelle 3D Erinnerungsräume entwickelt und diverse Veranstaltungen im Virtual Space durchgeführt. Das Team hat im Förderzeitraum bis einschließlich September 2022 mit Hilfe von Gründungsstipendien der Universität der Künste Berlin und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf geforscht. Aus den Forschungsergebnissen und Gründungserfahrungen gingen zwei Unternehmen hervor:

Markus Traber und Jennifer Beitel mit www.ternaty.com

Lilli Berger mit www.vyvyt.com

P.S. Alle Räume, u.a. Mandy‘s Erinnerungsraum, werden weiterhin unter farvel.space zur Verfügung stehen und von uns gemeinsam betreut.

Spulen wir die Zeit mal ein paar Jahrzehnte vor: In 20 Jahren werden wir von einem Großteil der Boomer-Generation Abschied nehmen. Die Bestattungspflichtigen sind dann Menschen, für die das tägliche Bewegen im digitalen Raum schon heute eine Selbstverständlichkeit ist. Wie werden sich Bestattungsunternehmen an diesen Generationswechsel anpassen? Das junge Unternehmen farvel hat da eine Lösung.

farvel hat einen, eigens für den Akt des Trauerns und des Erinnerns zugeschnittenen, virtuellen 3D-Raum entworfen. Hinterbliebene können die webbasierte Software als Gedächtnislandschaft nutzen, indem sie sich per Mausklick im Raum bewegen und Bilder, Videos sowie Sprachnachrichten hinterlassen.

Virtuelle Räume, digitalisierte Abschiedszeremonien – das alles mutet etwas futuristisch an und macht die Frage auf, warum Trauerfeiern überhaupt digitalisiert werden sollten. Funktionieren sie nicht einwandfrei, so wie sie jetzt sind? Und möchte ich meine Oma wirklich in einem digitalen Raum verabschieden, statt auf einer realen Trauerfeier? 

„Wir wollen keine physische Trauerfeier ersetzen“, sagt Lilli Berger von farvel. „Vielmehr soll unsere Anwendung das Serviceangebot von Bestattungsunternehmen erweitern.“ 

Wenn wir einen näheren Blick auf die Bestattungskultur werfen, fällt auf, wie sehr sich diese im Wandel befindet. Seit den 90er Jahren erobern die See- oder Friedwaldbestattung den Markt. Der klassische Friedhof wird bald ein Relikt der Vergangenheit sein – und somit auch der traditionelle Gang zum Grabstein. Das tendenzielle Auseinanderdriften von Bestattungsort und Erinnerungsort bringt neue Rituale hervor. Erste Schritte werden auf Facebook und Co. gegangen: Nutzer*innen wandeln die Profile von Verstorbenen zu Gedenkseiten um und teilen ihre Erinnerungen in Form von Bildern, Videos und Kommentaren. 

Mittlerweile erreicht die Entwicklung neuer Erinnerungs- und Abschiedsrituale im digitalen Raum ganz neue Dimensionen: 2017 kreiert der Kalifornier James Vlahos mithilfe einer KI den DadBot, um seinen verstorbenen Vater digital zu konservieren. 2020 trifft die Koreanerin Jang Ji-sung ihre Tochter, die sie an Leukämie verlor, als 3D-Avatar im virtuellen Raum wieder. 

Einen entscheidenden Vorteil haben digitale Anwendungen wie diese gemeinsam: Ortsunabhängigkeit. 

So auch der virtuelle Raum von farvel. Teil einer Trauerfeier zu sein, ohne große Distanzen, gesundheitliche oder finanzielle Hürden überwinden zu müssen: Das bietet farvel ihren Kund*innen mit wenigen Klicks. Das Unternehmen steht bereits mit Trauerredner*innen in Kontakt, die Interesse an der digitalen Anwendung haben und den virtuellen Raum in ihr Angebot integrieren wollen.

Wie könnte so ein virtueller 3D-Abschiedsraum aussehen?

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„Der virtuelle Ort soll kein Nachbau der Realität sein, denn er würde dieser nie gerecht werden“, sagt Lilli Berger. Potenziellen Anwender*innen zu verdeutlichen, dass es nicht um den minutiösen Nachbau reeller Orte geht, bleibe eine Herausforderung. Eine abstraktere Sprache sei hier wichtig, denn es gehe schließlich um abstrakte Orte. Der virtuelle Abschiedsraum könnte in einem Fall z.B. einen ruhigen See darstellen, in einem anderen Fall wandelt man durch eine Berglandschaft. 

In Anbetracht neuer Orte der Erinnerung spielt auch das dreidimensionale Design eine entscheidende Rolle. Die Gründer*innen von farvel beobachten hierbei einen klaren Vorteil gegenüber 2D-Anwendungen: „Wir haben in unserem User-Test herausgefunden, dass der 3D-Raum Menschen stärker in Erinnerung bleibt, auch denen ohne Videospielerfahrung“, so Lilli Berger. 

Digitale Innovationen wie farvel tragen zur Digitalisierung der Bestattungsbranche bei, sie übernehmen jedoch nicht die Bestattung der Zukunft. Vielmehr wollen sie einen wichtigen Platz in der sich wandelnden Erinnerungskultur einnehmen. Mit ihrem spielerischen Ansatz eines virtuellen Abschiedsraums zeigen sie, dass es beim Trauern und Gedenken nicht nur darum geht, Erinnerungen zu konservieren: „Man teilt Erinnerungen im virtuellen Raum, wodurch wiederum neue Erinnerungen entstehen“.

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